Die Bergbaulandschaft Jáchymov umfasst das historische Stadtzentrum von Jáchymov (Joachimsthal) und die umliegende Landschaft mit den wichtigsten Bergbauhinterlassenschaften aus dem 16. bis 20. Jahrhundert.
Es gibt nur wenige Städte weltweit, die eine so elementare Rolle in der Entwicklung des Bergbaus und der Metallurgie spielten wie Jáchymov. Im 16. Jahrhundert war Jáchymov für kurze Zeit das bedeutendste Silberbergbaugebiet Europas, ja der ganzen Welt. Die 1516 gegründete Stadt gilt als eine der Geburtsstätten der Bergbau- und verwandter Wissenschaften, deren Grundlagen hier im 16. Jahrhundert von Georgius Agricola, dem Stadtarzt von Jáchymov, gelegt wurden. Sein umfangreiches Kompendium „De re metallica libri XII“ (1556) kann als die erste umfassende wissenschaftliche Abhandlung über den Bergbau, die Metallurgie, die Mineralogie und die Wirtschaftsgeologie angesehen werden. Das Buch diente für mehr als 200 Jahre als maßgebendes Lehrbuch der Montanwissenschaft.
Jáchymov ist Herkunftsort des Silberthalers, der hier ab 1520 in großer Stückzahl geprägt wurde. Die königliche Münze in Jáchymov gibt Zeugnis für die herausragende Rolle der Stadt bei der Entwicklung der europäischen und später auch der weltweiten Währungssysteme. Nachdem der Thaler im 18. Jahrhundert den amerikanischen Kontinent erreicht hatte, wurde er dort zum Namensgeber für die heute vorherrschende Weltwährung – den Dollar.
Die Bergbaulandschaft Jáchymov gibt Zeugnis für die beträchtlichen Fortschritte im Bereich der Grubenentwässerung, die hier im 16. Jahrhundert gemacht wurden. Hierzu zählt vor allem die Einführung des Kunstgestänges, einem 1551 in Jáchymov entwickelten Pumpensystem, das weltweit Anwendung fand.
Jáchymov hat auch große Bedeutung für die Entwicklung früher rechtlicher Regelungen für den Bergbau. Die Joachimsthaler Bergordnung (1541, 1548) war bis ins 19. Jahrhundert hinein Vorbild für die meisten Bergbaureviere im Königreich Böhmen und in vielen anderen Bergbaurevieren der Habsburger Monarchie. 1716 wurde in Jáchymov die weltweit erste staatliche Bergbauschule gegründet, die als Vorbild für weitere Bergbauschulen in Europa diente.
Das gesamte Bergbaulandschaft Jáchymov ist ein außergewöhnliches Beispiel einer vom jahrhundertelangen Bergbau geprägten Landschaft mit allen dazugehörigen Elementen ober sowie unter Tage (z. B. Stolln und Schächte, Halden- und Pingenzüge, Wassergräben und Teiche). Der auf das 16. Jahrhundert zurückgehende Stadtgrundriss mit seinen zahlreichen sakralen und profanen mit dem Bergbau in Verbindung stehenden renaissancezeitlichen Gebäuden blieb weitestgehend erhalten.
Die Gewinnung von Silber- sowie von Kobalt-, Wismut- und Nickelerzen im 16. bis 19. Jahrhundert belegen vor allem die folgenden Welterbe-Standorte: die Bergstadt Jáchymov, der Fundgrübner Stolln, die Grube Svornost (Einigkeit), der Halden- und Pingenzug auf dem Schweizer Gang, das Revier Eliastal und der Türkner Berg.
Darüber hinaus bezeugt die Bergbaulandschaft Jáchymov die weltweit einzigartige Rolle Jáchymovs in der Geschichte der Erforschung, Gewinnung und Aufbereitung von Uranerzen.
Das Haupturanerz Pechblende (Uraninit) war den Bergleuten in Jáchymov bereits im 16. Jahrhundert bekannt. 1727 diente das Uranerz aus Jáchymov dem deutschen Mineralogen Franz Ernst Brückmann zur ersten wissenschaftlichen Beschreibung der Pechblende. 1789 gab der deutsche Chemiker Martin Heinrich Klaproth nach dem Studium der Pechblende aus Johanngeorgenstadt und Jáchymov die Entdeckung des neuen Elements „Uranit“ bekannt. Klaproths Leistung löste eine neue Welle von Forschungsarbeiten auf dem Gebiet von Uranverbindungen aus, die zunächst hauptsächlich zum Färben von Glas oder Porzellan verwendet wurden. Ab den 1840er Jahren wurde in Jáchymov erstmals weltweit systematisch Uranerz abgebaut, 1854 ging eine Fabrik zur Herstellung von Uranfarben nach dem ersten industriellen Verfahren des Chemikers Adolf Patera in Betrieb. 1898 wurden die ersten radioaktiven Elemente Radium und Polonium von Marie Sklodowska Curie und ihrem Ehemann Pierre Curie aus Jáchymov stammendem Rohstoff isoliert. Nachdem 1905 die Radioaktivität des Grubenwassers von Jáchymov nachgewiesen worden war, wurden hier 1906 die ersten Radonbäder der Welt eröffnet. Mit der 1908 aufgenommenen Produktion von Radiumsalzen besaß Jáchymov bis zum Ersten Weltkrieg ein weltweites Monopol auf diesem Gebiet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Bergwerke in Jáchymov die ersten, die das notwendige Uran für die Produktion der sowjetischen Atombombe lieferten. Der Uranerzabbau nach dem Zweiten Weltkrieg ist untrennbar mit der Errichtung von Arbeitslagern bei den Uranschächten in den 1950er Jahren verbunden. Diese dokumentieren in überzeugender Weise die Bedeutung dieses Welterbe-Bestandteils, der ein beispielloses Zeugnis für die Gewinnung eines Rohstoffs für militärische Zwecke ablegt.
Die Bergbauhinterlassenschaften in der Bergbaulandschaft Jáchymov sind ein herausragender Beleg für den Beginn des Uranbergbaus in der Mitte des 19. Jahrhunderts und für dessen Fortsetzung bis in die frühen 1960er Jahre. Davon zeugen vor allem die ober- und untertägigen Strukturen der Grube Svornost, der ältesten Urangrube der Welt, aus dem 19./20. Jahrhundert, das Besucherbergwerk Štola č. 1 (Stolln Nr. 1) aus den 1950er Jahren und die Haldenlandschaft im Eliastal.